Architekten, Stadtplaner, Künstler und Politiker protestieren gegen die Verwahrlosung der Künstlersiedlung in der weißen Siedlung Golzheim und die Pläne der Stadttochter SWD, die Mieten zu erhöhen und die Ateliers nicht mehr zum Wohnen freizugeben.

Weiße Siedlung Golzheim

Die Siedlung zwischen Rotterdamer und Kaiserswerther Straße, Reeser Platz und der Schnellenburg hat wie in der Literatur umfassend beschrieben ihren Ursprung in der Ausstellung “Schaffendes Volk 1937”. Als Mustersiedlung sollte sie die nationalsozialistischen Errungenschaften des täglichen Lebens widerspiegeln.
Namhafte Architekten, teilweise Werkbund-Mitglieder der damaligen Zeit waren am Bau der Siedlung beteiligt. Sie konnten dem Quartier die braune Attitüde der Nazizeit mit einem guten Städtebau der durchgrünten Siedlung nach dem Muster der Gartenstadt und mit den weiß geschlämmten Häusern größtenteils nehmen. In den 50er und 60er Jahren wurde die Siedlung in ihrem ursprünglichen Charakter erweitert.
* YouTube, Insel am Rhein
Heute ist das Interesse an der Siedlung mit der Traumlage am Rhein sehr groß. Etliche Gebäude wechseln ihre Besitzer. Gebäude wurden bereits aufgestockt, erweitert und z. T. stark verändert.
Um dieses in Zukunft zu verhindern und den Gesamtcharakter der Siedlung, das heißt: Bausubstanz, Gärten und Parks zu erhalten besteht seit 2014 eine rechtsverbindliche Denkmalbereichssatzung für das gesamte Gebiet.
Der aktuell im Aufstellungsverfahren befindliche neue B-Plan 01/105 „weiße Siedlung Golzheim“, der mit „einfachen Spielregeln den Charakter der Siedlung auch im Sinne denkmalpflegerischer Ziele erhalten und weiter entwickeln soll“ bekräftigt hier nachdrücklich die denkmalrechtlichen Ziele der Stadt Düsseldorf.
Aber trifft das auch auf die Künstlersiedlung in der Siedlung Golzheim zu?

Künstlersiedlung in der Siedlung Golzheim

In der aktuellen Betrachtung steht die Künstlersiedlung mit der Sanierung und Weiterentwicklung. Das sind das Atelierhaus mit den 12 Ateliers an dem Albrecht-von-Hagen-Platz und die 10 Künstlerhäuser mit insgesamt 22 Ateliers an der Franz-Jürgens-Straße.
Das Atelierhaus steht auf einem wunderschönen Grundstück mit verwildertem Garten und einem ausgetrockneten Brunnen, an dessen Rand eine durch Patina geprägte Frauenskulptur aufragt. Die Innenräume sind im wahrsten Sinne Atelierräume: hohe Räume, lichtdurchflutet durch großzügige Fenster-
fronten geprägt, die zudem einen unverstellten Blick ins Grüne gewähren. Der bauliche Zustand ist jedoch – unter bautechnischen Aspekten – unzureichend und die ungenügende Beheizbarkeit der Atelierräume erschweren das Arbeiten im Winter erheblich.
Bereits 2017 machten sich Architekten des BDA Düsseldorf ein Bild von dem baulichen und gärtnerischen Zustand der Künstler-
siedlung. Während die Künstlerhäuser ganz unterschiedliche – je nach persönlichem Engagement und Fähigkeiten der Bewohner – Erscheinungsbilder abgaben, stellte sich der Zustand des Atelierhauses niederschmetternd dar: eine Künstlerwohnung stand leer, durch Demontage der Sanitärinstallation offensichtlich unbewohnbar geworden. Auffällig waren mangelhafte Außenbeläge, mangelhafte Dachinstandsetzungsdetails, heruntergekommener Fassadenanstrich, beschädigte tragende Holzstützen und urwaldmäßiger Wildwuchs im Innenhof mit dem verwahrlosten Wasser (Trocken) Becken mit der vergessenen immer noch zauberhaften Frauenskulptur. Im August 2018 hat der BDA Düsseldorf den damaligen Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Düsseldorf, SWD, Herrn Heddergott zu einer Besprechung mit dem Schwerpunktthema Berichterstattung zum beklagens-
werten Bauzustand des unter Denkmalschutz stehenden Atelierhauses mit anschließender Diskussion über Möglichkeiten der Sanierung und Aktivierung des Atelierhauses aber auch der Künstlersiedlung eingeladen. In ihrem Antwortschreiben sagte die SWD zu, bis spätestens Anfang 2019 mit der denkmalgerechten Sanierung zu beginnen. Nachdem im Juli 2019 immer noch keine bauliche Veränderung erfolgt war, sprach der BDA eine erneute Einladung an die SWD, diesmal an den neuen Geschäftsführer, Herrn Dr. Labbert aus. Eine Reaktion auf die Einladung gibt es bis heute nicht. Ende 2019 ergab ein neuer Besuch der Siedlung, dass am Atelierhaus umfangreiche Sanierungsarbeiten vorgenommen worden waren:
Das Dach war an vielen Stellen ausgebessert worden, Dach-
rinnen und Regenfallrohre waren teilweise erneuert worden. An den tragenden Rundholzstützen waren einzelne Ausbesserungen erkennbar.
Der auf den ersten Blick intakte Eindruck von dem Zustand der Anlage täuschte, denn bei genauer Betrachtung waren immer noch gravierende Mängel vorhanden: Specht Löcher neben bedenklich morschen Stellen an der Konstruktion, Stützfüße, die vor sich hin rotten, weil sie ungeschützt auf dem nassen Ziegelboden aufstehen, verrostete Stahlmanschetten, funktionslos, da defekt. Alle Zinkarbeiten sind im Detail dilettantisch und nicht denkmalgerecht ausgeführt etc. Fotos dazu bestätigen diesen traurigen Sachverhalt. Mit dem Innenhof und den gebäudenahen Grünbereichen sieht es ähnlich trostlos aus.

Neues Wohnen und Arbeiten in der Künstlersiedlung

Architekten, Stadtplaner, Künstler und Politiker protestieren gegen die Verwahrlosung der Künstlersiedlung und die Pläne der Stadttochter SWD, die Mieten zu erhöhen und die Ateliers nicht mehr zum Wohnen freizugeben.
Für das Atelierhaus könnte über eine Sanierung hinaus eine fortschrittliche, neue Form des gemeinschaftlichen Arbeitens und Wohnens im Vordergrund stehen. Ein selbstbetriebenes kleines Künstlercafé und ein Gästezimmer wären attraktiv für die Gemeinschaft. Künstler und Künstlerinnen wären von Beginn an in den Planungs- und Bauprozess eingebunden.
Mit der Instandsetzung des Ateliergebäudes in den ursprünglichen baulichen Zustand hätte die Künstlersiedlung ein neues attraktives Zentrum. Der Gemeinschaftshof kann mit wenigen gartenpflegerischen Eingriffen in den ursprünglichen schönen Zustand zurückversetzt werden.
Düsseldorf, das sich gerne als Metropole der Künstler bezeichnet hätte hier ein Pilotprojekt für Künstler mit einer bedeutenden Vergangenheit.

<Prof. Ursula Ringleben 5/2020>

<Bilder Ursula Ringleben>