Die Stadt Düsseldorf hat mit Hilfe eines Planungsbüros im Wesentlichen online-Beteiligungen zu dem Thema durchgeführt. Der umfangreichen Berichterstattung in der Presse folgten zahlreiche Leserbriefe. Eine intensive Beschäftigung mit der Oper und den verschiedenen Äußerungen regt an sich kritisch mit dem Megaprojekt auseinander zu setzten und öffentlich zugänglich zu machen.

Angesichts weltweiter Probleme – wie Klimaschutz, Corona, etc.-, die große finanzielle Aufwendungen erfordern, ist es absurd, dass die Verantwortlichen der Stadt Düsseldorf die Opernplanung in den Focus stellen und große Summen aufwenden wollen ohne deutlich zu machen wo das Geld herkommt und ob es Einschränkungen an anderer Stelle gibt. In der Ratssitzung am 16.09 wurde auf die immensen Einnahmeverluste hingewiesen und ein Sparkurs angekündigt. Natürlich ist eine moderne Oper für deren Liebhaber, Musiker und viele andere ein Gewinn. Es wird jedoch bezweifelt, ob diese Form der „Leuchtturmprojekte“, ein geeigneter Beitrag zur Weiterentwicklung von Düsseldorf ist. Ein „Weiter so, wie bisher“ mit den immer gleichen Rezepten zur Stadtentwicklung muss gründlich überprüft werden.

Bisher haben sich die Politiker öffentlich sehr zurückgehalten. Die verschiedenen Beteiligungsformate suggerieren den Teilnehmern, ein Neubau sei ausgemachte Sache; kostenträchtige Wünsche werden geweckt, deren Realisierung erst später auf den Prüfstand gestellt werden.

Für die Solitärstädte Oslo, Sydney, Helsinki sind die weltberühmten Musikhäuser mit vielfältigen Angeboten angemessen. Eine Nachahmung ist für Düsseldorf „Fehl am Platz“, da Düsseldorf inmitten des Ballungsgebietes Ruhrgebiet/Rheinschiene umgeben ist von herausragenden Musiktempeln mit geringer Entfernung zu Köln, Duisburg und Essen, um nur einige zu nennen. Wäre es da nicht zeitgemäßer ein Opernkonzept für NRW bzw. Kooperationen zu entwickeln, statt sich gegenseitig zu kannibalisieren?

 Das aufwändige Angebot an online-Beteiligungen ist gerade in Corona-Zeiten begrüßenswert, aber wegen der geringen Erreichbarkeit der Bürger nicht repräsentativ. Erschwerend kommt hinzu, dass es bisher an grundlegenden Daten, wie Kosten und Finanzierung, aussagekräftige Gutachten, insbesondere detaillierte Kostenschätzung zur Sanierung der „alten“ Oper fehlt. Eine Analyse dessen, was eine Neue Oper der Stadtgesellschaft bringt – den Bürgern, der Wirtschaft, der Stadtentwicklung, dem Tourismus, Opernpublikum der Zukunft, usw. – wird vermisst. Die jetzige Beteiligung und mangelhafte Datengrundlage sind keine solide Basis für eine seriöse Entscheidung.

Die im Rahmen der Beteiligungen geäußerten Wünsche, die Attraktivität der Oper durch vielfältige Nutzungsangebote zu erhöhen, führen zu räumlichen und finanziellen Erweiterungen. Auch wenn diese Wünsche nachvollziehbar sind, ist deren Sinnhaftigkeit für Düsseldorf und Konzentration auf einen Standort zu hinterfragen. Ebenso wie es Kooperationen landesweit geben kann, sollte überlegt werden, ob es nicht verstärkte Kooperationen mit Spielstätten in der Stadt und deren Veranstaltern und Besuchern gibt. Die Oper stärker mit den Stadtteilen zu vernetzen um vor Ort Aufführungen – Schulen – einem opernfernen Publikum nahe zu bringen, kann die Attraktivität und Akzeptanz erhöhen.

Der Hamburger Kultursenator hat aufgrund seiner Erfahrungen mit der Elbphilarmonie geraten, eine abschließende Entscheidung erst dann zu treffen, wenn es eine detaillierte Planung und darauf basierende Kostenschätzung gibt. Eine Kosten-Nutzenanalyse, die eine Vergleichbarkeit verschiedener Varianten ermöglicht, liegt offensichtlich derzeit nicht vor. Es fehlen Betrachtungen mit welchem Konzept ein Neubau Mehreinnahmen über mehr Aufführungen, Zuschauer und Preise generieren kann. Erwähnenswert ist auch, dass die Düsseldorfer derzeit und zukünftig keine Staatsoper ist und demzufolge auch keine Zuschüsse zu erwarten sind, wie z.B. in Stuttgart. Auch die Befürchtungen, dass die Finanzierung der Oper nicht zu Lasten anderer Kulturschaffenden und der freien Kunstszene geschieht, dürfen nicht ignoriert werden.

Der Standort am Wehrhahn, ist sicher sehr gut geeignet, diese neu gestaltete Einkaufsmeile an der Schadowstraße aufzuwerten. Auch hier erscheint das Flächenangebot knapp und kann nur durch Bauen in die Höhe kompensiert werden, so wie es die derzeitigen Hochhauspläne zeigen. Ein wichtiges Gegenargument ist genau dies:  die Knappheit der Fläche verbunden mit sehr hohen Grundstückpreisen lassen einen attraktiven Außenbereich rund um die Oper nicht zu. Die Gigantomanie des derzeitig geplanten Hochhauses von Signa  und eine DOKU im WDR vom 13.07.21 sind geeignet Misstrauen zu wecken.

Eine Oper würde den Medienhafen beleben und deutlich aufwerten.  Die schlechte Erreichbarkeit mit ÖPNV, die wenigen weiteren Angebote, wie Kultur, Einzelhandel, Gastronomie unterstreichen die periphere Lage dieses Standortes und können auch nicht durch eine spektakuläre Architektur kompensiert werden.

Die in der Ideensammlung (online-Beteiligung) genannten Argumente gegen den Standort Rheinpark lassen es nicht zu, dass dieser angetastet wird:

  • Ökologische Beeinträchtigung: Frischluftzufuhr des Rheins, Hochwasserschutz und Versiegelung weiterer Grünflächen verbunden mit weniger Platz für Fußgänger, Freizeitsportler, usw.
  • Behinderung der Sichtachse von Norden auf die Altstadt
  • Zusätzliches Verkehrsaufkommen des bereits stark befahrenen Bereiches und Schaffung neuer Parkplätze
  • Temporäre Nutzungen, wie Zirkus, Konzerte usw. sind dann nicht mehr möglich.

Eine Oper an der Königsallee/Graf-Adolf-Straße ist in vielfacher Hinsicht ideal: zentral gelegen, gute Erreichbarkeit, Atmosphäre und die Chance ein unattraktives Gebäude zu ersetzen. Die Verknüpfung mit dem Umfeld bietet viele Möglichkeiten den ausreichend vorhandenen Außenraum attraktiver zu gestalten. Beispielsweise wäre die Aufwertung der exklusiven Straße mit Strahlkraft über Düsseldorf hinaus ein Gewinn, denn die KÖ droht zu einer reinen Einkaufsstraße zu verkümmern. Die Abschaffung der Parkplätze ist überfällig und würde die Aufenthaltsqualität deutlich steigern und zusätzlichen Raum zum Flanieren, Radfahren, Gastronomie und Vieles mehr ermöglichen. Der momentane Zustand mit Parken, Parksuchverkehr und Autoposing ist im Vergleich zu vielen Städten im In- und Ausland mit hervorragenden Beispielen provinziell und prekär. Leider ist die Verfügbarkeit des Grundstückes und der Preis dafür unklar. Ein weiteres Hindernis ist auch der Aufwand für die Verlegung der technischen Infrastruktur der Telekom.

Der Hofgartenstandort ist nicht zu übertreffen. Es ist alles, was benötigt wird vorhanden: Gastronomie, gute Erreichbarkeit, Verfügbarkeit des Grundstückes; umgeben von Schauspielhaus, Kunstsammlung NRW, Tonhalle, Rheinterrassen und Ehrenhof nicht weit entfernt. Was will man noch mehr. Es kann auch eine Herausforderung für Architekten und Landschaftsplaner sein, das bestehende Gebäude an dem einzigartigen Standort sowohl technisch wie architektonisch mit einer besseren Einbindung in den Hofgarten aufzuwerten. Die unruhige Dachlandschaft mit den provisorisch anmutenden Aufbauten können durch eine Aufstockung in der Vertikalen ersetzt werden und Raum schaffen für zusätzliche Angebote und erforderliche Technik. Die in der von der Stadtverwaltung beauftragten Machbarkeitsstudie dargestellte Variante C zeigt, dass ein vertikaler Neubau sogar ohne Baumfällungen eine gelungene Verknüpfung mit dem Hofgarten und Teichzone erreichen kann. Auch ein sensibler Anbau, der sich zum Hofgartenteich öffnet, bietet die Chance, den derzeitig unattraktiven Zustand des Außenbereiches um die Oper mit Parkplätzen, Zäunen, etc. wesentlich aufzuwerten. Eine Neugestaltung und Öffnung zum Hofgarten ist überfällig und würde für die Besucher der Oper und des Hofgartens einen großen Gewinn darstellen. Selbst ein geringer Eingriff dort, wo der Baumbestand nicht erhaltenswert ist, ist in Anbetracht des Gewinns für Kultur und Hofgarten hinnehmbar. Daher sollte im Vorfeld der Baumbestand, der teilweise aus vermutlich ökologisch nicht wertvollen Nadelbäumen besteht, genau untersucht werden. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit sollte der Schwerpunkt auf einer ökologischen Gesamtbilanz liegen. Der Erhalt des Gebäudes mit Aufstockung und maßvollem Anbau ist im Vergleich zu einem Neubau umweltfreundlicher. Auch die viel gelobte Elphi ist eine architektonisch gelungene Verknüpfung von Alt – Speicher – und Neu. Schlussendlich soll die Oper nicht mit den vorhandenen stimmungsvollen Veranstaltungsorten, wie Tonhalle für Konzerte, Capitol für Musicals und Schauspielhaus für Theater konkurrieren.

Unter den genannten Umständen spricht vieles dafür, die Oper an dem bestehenden Standort, ob alt, neu oder alt/neu zu favorisieren. Für die Innenstadtentwicklung wäre es ein großer Schaden, wenn durch die Verlagerung der Oper zur Deckung der Kosten ein kommerzielles Gebäude entstehen wird.

Über die Architektur sollte erst nach einer Standortentscheidung gesprochen werden, denn so viel Vertrauen kann den Architekten und Planern entgegengebracht werden, einen attraktiven Entwurf zu finden. Vorher sind jedoch zahlreiche Fragen zu klären:

  • Ausreichende Datengrundlagen erheben, z. Bsp. Analyse der Bedarfe unter Einbeziehung der Auslastung und Entwicklung der vorhandenen Kulturstätten.
  • Keine Konkurrenz zu anderen Kulturstätten in Düsseldorf und NRW
  • Solide Finanzplanung
  • Konzept der Oper zu Quantität und Qualität der Veranstaltungen, zusätzliche Besucher und Preispolitik
  • Abhängigkeit von Finanzunternehmen möglichst vermeiden
  • Mehrwert schaffen für den Außenbereich und Umgebung, beispielsweise Hofgarten

Eine grundlegende Entscheidung des Rates zum Ende dieses Jahres zu treffen ist mehr als verfrüht, denn die Klärung der Fragen ist unabdingbar und zeitintensiv.

<Rita Hoff, Stadtplanerin, ehemalige Baudezernentin von Hilden 10/21>

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