Das Stadtarchiv hat 2019 eine Broschüre mit Erinnerungsdaten 2019 – 2021 unter dem Titel “Zukunft braucht Erinnerung” herausgebracht. Auf dem Titelbild ist die Oper aus dem Jahr 1873 abgebildet. Das Opernhaus wurde 1873 ursprünglich als Theater errichtet, 1925 in eine Oper umgewandelt, der Eingangs- und Zuschauerbereich 1943 imKrieg zerstört, 1945 notdürftig wiederaufgebaut und zwischen 1954 und 1956 in sein heutiges Erscheinungsbild umgebaut.

Titel und Abbildung der Broschüre könnten als Mahnung für die aktuelle und zukünftig verlaufende Operndiskussion angesehen werden.

Da hat zum Beispiel der Architekt Christoph Ingenhoven die Operndiskussion auf die falsche Fährte gelockt, dass die Oper eigentlich an der Kö liegt, was optisch mit der Baublockflucht stimmt, jedoch historisch falsch ist. Das Gelände hinter der Oper war immer Hofgarten – nie Königsallee. Die Oper selbst ist auf dem Gelände des Botanischen Gartens im Hofgarten gebaut worden. Die Schlussfolgerung, dass man bei einem Neubau den Operneingang zur Adessenaufwertung an die Kö verlegen könne, ist ebenso ahistorisch. Der Eingang der Oper lag immer an der Heinrich-Heine-Allee und bildet heute zusammen mit dem K20 und der städtischen Kunsthalle einen Kulturschwerpunkt.

Der Kö-Eingang der Oper ist auch funktional falsch, weil die ÖPNV-Erschliessung (U-Bahnstation Heinrich-Heine-Allee) und Individualverkehr-Erschließung (Tunnel vom Parkhaus K20, Busse) von der Heinrich-Heine-Allee aus erfolgen. Die Opernbesucher müssten längere Wege zurücklegen. Von der Kö aus ist keine Erschließung möglich.

Auch das Steigenberger Hotel mit der Adresse Königsallee 1 war nie Königsallee, sondern das Vorfeld war ursprünglich der alte Cornelius Platz.

Der seltene Wert des Opernhauses

Das Opernhaus wurde 1873 ursprünglich als Theater nach dem Vorbild der Dresdner Semperoper errichtet, 1925 in eine Oper umgewandelt. 1943 wurde der Eingangs- und Zuschauerbereich im Krieg zerstört, 1945 notdürftig wieder aufgebaut und mit der Oper„Fidelio“ eröffnet. 1946 wurde in der Oper die erste Sitzung des Landtags des neu gegründeten Bundeslands Nordrhein-Westfalen durchgeführt. 1954 – 56 erfolgte der Um- und Neubau des Eingangs- und Zuschauerbereichs nach den Plänen von Paul Bonatz, Julius Schulte-Frohlinde und Ernst Huhn.

In den Jahren 2006/07 wurde das Opernhaus mit 31 Mio € saniert, 2011 der Orches-tergraben Die Oper steht unter Denkmalschutz. Sie ist eines der in Düsseldorf noch wenigen Zeugnisse eines Gebäudes und der Innenräume der 1950er Jahre, vergleichbar in Deutschland mit der Oper in Hamburg. Der in einem rötlichen Ton gehaltene Zuschauerraum mit seinen geschwungenen Rängen mit deren Überdachung und runden Kuppel sind, wie das gesamte Interieur, typisch für diese Zeit. Ebenso das große Foyer mit den geschwungenen Balkonen, den Zugängen zu den Rängen und die Wandbilder von Robert Putlicht sowie die Qualität der seitlichen Rundtreppen.

Die Oper-Neuentwürfe

Die Rheinische Post veröffentlichte unter dem Thema „Düsseldorf träumt von einer neuen Oper“ die Entwürfe Düsseldorfer Architekten zum Opernneubau und setzte sich vehement für den Opernneubau ein. Es standen die schönen Architektenrenderings im Vordergrund und sollten in der Leserschaft Stimmung für den Neubau erzeugen. Sachliche Restriktionen wie die Historie und der Denkmalwert der Oper oder die das mehrfache einer Sanierung umfassenden Neubaukosten fanden kaum Erwähnung.

Die Oper der Zukunft

Angeregt durch eine Diskussion im Stadtrat über die hohen Sanierungskosten und die Oper der Zukunft hatte die Projektschmiede (Meyer, Lippe-Weißenfeld) alternativ sechs Denkmodelle von der Generalsanierung bis zu einem Neubau an alter oder neuer Stelle im MedienHafen erstellt. Inder RP wurde vorwiegend der Neubau anstelle der Oper abgebildet. Der Neubauentwurf ist ein in Wellen gestaltete Baukörper, leicht gedreht, um nach rückwärts mehr Länge zu bekommen. Er greift in das Gartendenkmal Hofgarten ein und verändert dieses. Die nach innen gesetzten Umläufe lassen vermuten, dass der dargestellte Baukörper für die Aufnahme der Oper mit all ihren heutigen Funktionen zu klein ist. Die Abriss- und Neubaukosten umfassen das Mehrfache einer Sanierung.

Der 140 Meter Opernturm

Es verging kaum Zeit, da tauchte in der Rheinischen Post der nächste Opernentwurf auf. Es war das auf dem Neujahrsempfang der Makler von den Architekten HPP Hentrich-Petschnigg-Partner vorgestellte Opernhochhaus. Der 140 m hohe Opernturm sieht auf dem Grundstück der bestehenden Oper einen rechteckigen, aufgeständerten Opernneubau vor, auf den in drei Segmenten dieNutzungen wie hochwertige Büros, Wohnen, Hotels, Gastronomie und Einzelhandel geschossweisegestapelt werden. Dem 94 m hohen Dreischeibenhaus soll als höchstes Hochhaus in Düsseldorf ein„Großer Bruder“ gegenübergestellt werden. Hier wird eine Architektenidee, die nichts mit einer geordneten Stadtplanung zu tun hat, absolut genommen. Gesichtspunkte der Stadtplanung, ob ein solcher Standort überhaupt für ein Hochhaus geeignet ist, welche fiskalischen Auswirkungen auf die Citygrundstücke und auf die Wirkung des freistehenden Dreischeibenhaus zu erwarten sind, werden über Bord geworfen. Auch der Wert der bestehenden Oper, deren Denkmalschutz sowie der erforderliche Eingriff in das Gartendenkmal Hofgarten werden ignoriert. Man kann den Eindruck gewinnen, dass über das Vehikel Opernneubau psychologisch das Tor für Hochhäuser mit hohen Bauhöhen in der City eröffnet werden soll. Das Operngrundstück soll im Besitz der Stadt bleiben. Die Baukosten der Oper sollen über die Vergabe von Erbaurechten an die hochwertigen Nutzer des Hochhauses zum größten Teil finanziert werden.

Klein-Sydney-Oper im Medienhafen

Wie es zu erwarten war, meldete sich ein weiteres großes Büro nämlich RKW Rhode KellermannWawrowski mit einem weiteren Vorschlag für einen Opernneubau. Diesesmal nicht an der Heinrich-Heine-Allee sondern als neue Oper auf der Landzunge des mit dem MedienHafen neu angelegtenRheinparks Bilk. Damit sollte dem Namen „Deutsche Oper am Rhein“ Rechnung getragen werden.Vorbild ist die Oper am Wasser wie Sydney, Oslo oder Kopenhagen. Der Opernneubau an derHeinrich-Heine-Allee wurde verworfen mit der Kritik an den Entwürfen der Planschmiede und HPP,die nicht zur Heinrich-Heine-Allee mit ihren klaren Baublöcken und Gebäudehöhen passen. Man seian dem Standort MedienHafen freier, eine Oper für die Bürgerschaft zu entwickeln.Dieser Standort hat jedoch im Vergleich zur Heinrich-Heine-Allee einen entscheidenden Standortnachteil: Die Oper liegt nicht zentral, sie ist schlechter erreichbar und hat keine ausreichende ÖPNV–Erschließung. Die nächste Straßenbahnhaltestelle Stadttor liegt 600 m Fußweg entfernt. Zu den von RKW ermittelten Baukosten der neuen Oper von 280 Mio € müsste noch die gleiche Summe hinzu gerechnet werden, die für den Abriss der heutigen Oper und dem nach den Vorstellungen von RKW dort geplanten Neubau eines Kulturzentrums gerechnet werden. Nach den Erfahrungen vieler Großbaustellen in Deutschland werden die ursprünglichen Kostenansätze erheblich überschritten, so dass für das RKW-Projekt mit einem Kostenaufwand von 600 – 700 Mio € gerechnet werden muss.

Bewertung

Die gesamte öffentliche Diskussion über die Oper wird eher unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt. Der stadt- und architekturgeschichtliche Wert der Oper, die Qualität ihrer Innenräume, ihr bedeutender Denkmalwert finden keine Erwähnung. Die Diskussion erfolgt ohne Rücksichtnahme auf das über Jahrzehnte angewachsene Opernpublikum, für das das Gebäude und die Innenräume ein Stück musikalische Heimat geworden ist. Die Architekten erzeugen schöne Bilder einer neuen Oper, ohne dass gewährleistet ist, ob die heutige Oper mit ihrem Raumprogramm überhaupt in die modernistischen Architekturen hineinpasst. Das vorgeschlagene Opernhochhaus passt städtebaulich nicht an diesen Ort und hat gravierende Auswirkungen auf den Bodenwert der Citygrundstücke. Die Oper, integriert in ein Hochhaus verliert ihre Identität als eigenständiges Operngebäude. Vielen sind die auf 25 Jahre verteiltengeschätzten Sanierungskosten von 100 Mio € zu hoch, sie haben aber nichts gegen die um das Mehrfache höheren Neubaukosten von 300 – 500 Mio €, die ohne Subventionen von Bund und Land in einem kurzen Zeitraum anfallen und den städtischen Haushalt lahmlegen werden. <HF>